Daran erinnere ich mich genau.
Wir -mein Mann und meine damals 3jährigeTochter und ich- waren
in München als die Züge mit
den vielen "Ossis" dort
ankamen.
Wie es dazu kam?
Wir wohnten (und wohnen immer noch)
in der Grenzregion Sachsen-Bayern-Tschechien.
In den Tagen vor dem 9. November
wurde gemunkelt,
man kann über Tschechien
in den "Westen"
fahren und man
kann - uns ganz wichtig -
auch wieder zurück.
Das wollten wir uns nicht
entgehen lassen.
Die Verwandschaft meines
Mannes wohnte damals
in Grafing.
Also Atlas gewälzt, wie
kommen wir da hin?
So weit wie möglich
wollten wir in Tschchien
fahren, denn
mit den paar Mark
"Westgeld", die wir hatten,
wären wir sicher nicht
bis ins tiefste Bayern
gekommen.
Das war die aufregenste Reise meines
Lebens.
Es waren so viele Autos unterwegs.
An der letzten Tankstelle im
"Osten" haben wir unseren
Trabi nochmal voll betankt.
Es hieß erst mal Schlange stehen,
denn alle, die unterwegs waren,
haben das so gemacht.
Alle waren angespannt.
Ein Mann fragte uns, wo es zur
Grenze geht.
Ich kann mich noch genau erinnern,
ein Mann (so um die 50),
der einfach weg wollte.
Im November mit Shirt und
Sandalen.
Man hatte das Gefühl, er ist ganz
spontan losgefahren,
ohne Plan, ohne Atlas
nur weg.
Dann waren wir mittendrin
unter den ganzen
"Republikflüchtlingen".
Irgendwann waren wir ganz allein
unterwegs, wir haben ja nicht
den erst besten Grenzübergang
angesteuert, wir
wollten ja weiter.
Warum sind wir eigentlich abends/nachts gefahren?
Hm, keine Ahnung mehr.
Mitten in der Nacht waren
wir dann am Grenzübergang.
Ganz allein, keiner vor und keiner
hinter uns.
Die tschechischen Grenzer
haben uns einfach druchgelassen.
Der "westdeutsche" Grenzer
hat sich unsere Pässe angeschaut
und dann gefragt,
ob wir für immer bleiben wollten.
Nein, das wollten wir
sicher nicht!
Im Dunkeln gings dann weiter
durch ein bayrisches
Dorf im Grenzgebiet.
Mein Mann hat paar Mal gefragt,
ob wir schon im Westen sind.
-Es sah da nämlich nicht
anders aus, als bei uns im Osten-
Irgendwann an nächsten
Morgen waren wir dann
in Grafing
bei der Tante
meines Mannes.
Am 9. November
haben wir
München
besichtigt.
Ich glaube am 10. November
waren wir auf dem
Rückweg in
den "Osten".
Das war eine sehr seltsame Reise.
Wir waren allein unterwegs
in Richtung Heimat.
Uns kam dafür
eine Autoschlange entgegen.
Man hatte echt das Gefühl,
alle wollen nur weg.
Wir wollten nur nach Hause!
Hatte gerade Gänsehaut bei Deiner Geschichte....ich komme ja aus dem Landkreis Kronach und hab das Ereignis erst ein paar Tage später hautnah erleben können, da ich am 9.11.89 zum Schüleraustausch in der Bretagne war...wir haben mit der Gastfamilie meinen Geburtstag gefeiert (ja, ich hab am 9.11. Geburtstag...), im Hintergrund lief das französische Fernsehen (davon hab ich leider nicht viel verstanden...), plötzlich waren meine Gasteltern sehr aufgeregt und haben mir mit Händen und Füßen versucht zu erklären was in Deutschland los ist.....ich dachte immer, ich versteh irgendwas falsch, weil ich es ja für unmöglich gehalten hab....bis meine Eltern anriefen um mich zu gratulieren und die tolle Neuigkeit bestätigten!
AntwortenLöschenAls ich dann ein paar Tage später wieder daheim war, waren die Straßen mit Trabbis gefüllt. Es war einfach unglaublich! Und was soll ich sagen.....hätten die Grenzen nicht geöffnet, hätte ich meinen Mann niemals kennengelernt und somit gäbe es auch meine beiden wundervollen Kinder nicht.....
Liebe Grüße
Anke
Ein wunderschöner Artikel, auch wenn mehr wie ungewöhnlich … da ja wie Du schreibst alle in die andere Richtung unterwegs waren. Aber es ist wunderbar das wir alle nun in Freiheit leben können. Lese mich gerade durch alle Artikel dieser tollen Blogparade und es ist wirklich sehr schön von einzelnen Menschen dieses Erlebnis anders zu sehen und nochmals zu entdecken.
AntwortenLöschenHabe meinen Beitrag gestern auch noch dazu veröffentlicht.
Grüsse sendet Daniela
Danke fürs Teilen Deiner Geschichte.
AntwortenLöschenGanz wunderbar!
Liebe Grüße
Suse